Interview des Monats

Fabig KlBärbel Fabig
Amt für Soziales und Senioren Stadt Heidelberg

Interview mit Bärbel Fabig
zum 48. NAR-Seminar „Altern in einer Digitalen Welt“
mit Clara Cornao am 05.09.2024

 

 

 

F I Sie haben die hilver-App, die Hilfevermittlungsapp für Menschen ab 75 Jahren in Heidelberg entwickelt. Was genau können wir uns darunter vorstellen?
"Die App bietet und vermittelt digital und automatisiert niederschwellige Hilfen auf ehrenamtlicher Basis für ältere Menschen ab 75 Jahren mit überschaubarem Hilfebedarf."

F I Ältere Menschen sollten ja möglichst keine Fremden in ihre Wohnung lassen. Wie sieht der Sicherheitsaspekt aus?
"
Weil uns dies bekannt ist, haben wir uns im Vorfeld sehr viele Gedanken hierzu gemacht und tatsächlich ist dies für die Nutzenden eine DER Hürden in der Annahme der Hilfen. Deswegen haben wir für Helfende ein paar Voraussetzungen geschaffen, bevor sie in den Helferpool aufgenommen werden:

  • Ein Polizeiliches Führungszeugnis ist vorzulegen (kostenfrei).
  • Ein persönliches Gespräch mit jedem Einzelnen ist obligatorisch (in Präsenz oder virtuell), damit wir uns selbst einen Eindruck von dem/der Helfenden machen können.
  • Es gibt ein Foto der Helfer in der App, was als Abgleich dient, dass es sich um die gleiche und keine gefakte App handelt. Dies ist vor allem für die ‚digitalen Senioren‘ wichtig (damit sind die Senior*innen gemeint, die sich der App bedienen können und selbst aktiv sind/werden).
  • Im Amt für Soziales und Senioren gibt es Ansprechpersonen, bei denen man Rückmeldung geben kann, wenn etwas nicht so läuft, Fragen aufkommen oder Unsicherheiten bestehen, es wird jeweils zeitnah reagiert und es werden gemeinsame Lösungen gefunden.
  • Darüber hinaus gibt es optional die Möglichkeit, im Telefonat ein Passwort zu vereinbaren, das der Helfer vor dem Einsatz angibt."

F I Die hilver-Website gibt an, dass es (Stand 04. September 2024) 724 unterstützungssuchende Registrierte, 658 Helfende und 889 erfolgreiche Vermittlungen gab. Wie ist die Nutzung bisher in Heidelberg? 

"DieAnzahl der Helfenden liegt derzeit bei ca. guten 250 Personen, die Anzahl der Nutzenden bzw. der Angehörigen, die für die Betroffenen anfragen, bei ca. 150 Personen. Die Nutzung in den einzelnen Stadtteilen ist noch sehr unterschiedlich, z.B. abhängig davon wie die sonstige Angebotsdichte ist. Festzustellen ist, dass es im Innenstadtbereich besser läuft als in den Randbezirken, wir führen deswegen gezielt Werbeveranstaltungen vor Ort und in spezifischen Stadtteilen durch."

F I Es gibt verschiede Bereiche, in denen Hilfe angefragt werden kann – gibt es bereits Muster zu erkennen, in welchen Bereichen es schwieriger oder einfacher ist, Ehrenamtliche zu vermitteln?
"Sehr beliebt bei den Ehrenamtlichen ist die Technikhilfe. Hier werden die Anfragen besonders schnell vermittelt. Die meisten Anfragen betreffen den Bereich Haus & Garten. Bei den Ehrenamtlichen weniger beliebt sind Fahrten (viele haben kein Auto, wegen guter Infrastruktur in Heidelberg oder aus finanziellem Aspekt, z.B. bei Studierenden). Hier können auch nicht alle Anfragen bedient werden. Dies liegt zum Teil auch an unrealistischen Erwartungshaltungen der Nutzenden."

F I Die wertvolle Mission der hilver-App, die Sie im Rahmen des NAR-Seminars ‚Altern in einer digitalen Welt‘ vorstellen, lautet: ‚Wir begeistern für Teilhabe und leben die Verbundenheit‘. Was haben Sie bisher als Überraschungen und auch Herausforderungen erlebt bei der Digitalisierung der ehrenamtlichen Hilfe und somit Ihrem Ansinnen, die Teilhabe und Verbundenheit in der Gesellschaft zu fördern?
"Überraschend erfreulich ist das sehr große Interesse bei den Ehrenamtlichen. Seit die Ehrenamtsgespräche auch per Videocall möglich sind, ist der Anteil der Ehrenamtlichen, die sich registrieren lassen, deutlich gestiegen. Die Rückmeldungen zeigen, dass der Aufwand für die Helfenden so reduziert ist. Sehr erfreulich sind auch viele technisch fitte Seniorinnen und Senioren (anfänglich waren es über 80-Jährige), die die App direkt oder nach einer kleinen Starthilfe selbst bedienen können. Die Hälfte nutzt hilver am eigenen Smartphone, Tendenz steigend. Wenn ein älterer Mensch die App einmal nutzt, dann auch immer wieder - hier beobachten wir eine hohe Wiederholungsrate nach dem ersten Überwinden von Hemmnissen. Eine Herausforderung ist die Annahme der Hilfen durch Betroffene: zum einen ist es offensichtlich eine Hürde, ehrenamtliche Hilfe anzunehmen, zum anderen ist das Einlassen von fremden Personen in die eigene Häuslichkeit ein Hemmnis."

F I Was wünschen Sie sich für den weiteren Verlauf bzgl. der hilver-App in der Region?

"Mutige Senior*innen, die offen sind für Neues und sich auf das Wagnis einlassen. Die Rückmeldungen zeigen: Zufriedenheit mit der App und was sie bietet und Wiederholungsanfragen sind dann Selbstläufer."

 

Frau Bärbel Fabig und Frau Katharina Knappe/ Amt für Soziales und Senioren, Stadt Heidelberg

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 16.09.2024
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